Notfallsanitäter: Halb so stark ohne alte Hasen
Mit jetzigem Stand verfügt der Kreisverband zum 31.12.2016 über 21 Notfallsaniäter, von denen 10 die Ergänzungsprüfung erfolgreich absloviert haben. Das kann sich sehen lassen. Mehr Infos zu den Prüfungen lest ihr im Text unten.
Zum Jahresende hin kann der Abteilungsleiter des DRK Rettungsdienst, Rüdiger Schmidt, noch eine positive Bilanz ziehen: Mit jetzigem Stand hat der Kreisverband zum 31.12.2016 bereits 21 Notfallsanitäter in seinen Reihen. Zehn davon haben die Ergänzungsprüfungen absolviert.
Über Wochen und Monate haben die Kollegen aller beteiligten Wachen ihr Privatleben sicherlich hinten angestellt. Denn „eben mal so“ war diese Weiterbildung nicht zu bewältigen. In sehr anspruchsvollen aber gleichzeitig auch sehr guten Unterrichtseinheiten wurden die für die EP 1 in Frage kommenden Kollegen von erfahrenen Dozenten und Referenten auf den neuesten Stand der Dinge sowohl in der Notfallversorgung, als auch der Kommunikation und der Rechtskunde gebracht. Dieses „Update“ sollte die betreffenden Kollegen – alles Rettungsassistenten, die bereits seit mindestens fünf Jahren im Dienst waren – auf die staatliche Ergänzungsprüfung vorbereiten.
Nach dem Ergänzungslehrgang hieß es dann für die Kollegen einmal mehr, ihr Können unter Beweis zu stellen, gleichwohl sie alle das bereits seit Jahren und Jahrzehnten jeden Tag im Berufsalltag tun. Diesmal wollten ärztliche Leiter, Vertreter des Kreises, Dozenten von Feuerwehr und Rettungsdienst es noch einmal sehen, hören und spüren. Los ging es schließlich mit praktischen Fallbeispielen. Notfallpatienten, dargestellt durch Praktikanten oder Dozenten aus dem Rettungsdienst, mussten unter den strengen Augen der Prüfer versorgt werden. Dabei traten die Kollegen in zweier Teams – wie im RTW – an. Zuvor hatten sie eine Karte gezogen, auf der das Fallbeispiel gekennzeichnet war. Wie zu Dienstbeginn checkten die Prüflinge ihre Materialien, diesmal aber sicher mit einem Schuss mehr Adrenalin im Blut. Direkt im Anschluss kam der Alarm. Die Teams bekamen von den Prüfern, im ersten Durchgang noch von Dr. Ulrike „Ermi“ Ermert, mitgeteilt, was auf ihren Meldern zu lesen sein würde. Nach fünfminütiger Beratungszeit ging es dann los. Dabei war bei den Fallbeispielen schon darauf abgezielt worden, dass die zukünftigen Notfallsanitäter auch das, was sie später anwenden sollen, in der Prüfung zeigen sollten. So waren pro Team jeweils ein Traumabeispiel und ein internistisches Beispiel zu bewältigen. Medikamentengaben, Kardioversionen, Thoraxentlastungen, Analgesie, intraossärer Zugang, oder Schrittmacheranlage – dies waren nur einige der invasiven Maßnahmen, die die Kollegen in Zukunft durchführen sollen. Nach dem Abarbeiten der Fallbeispiele wurden die Teams jedoch nicht nach draußen entlassen: Eine direkte Befragung zum gebotenen Notfalleinsatz, oder auch zu anderen Themen schloss sich direkt an die Fallbeispielprüfung an.
Einige Zeit später waren alle erneut gefordert: Auch eine mündliche Prüfung stand auf dem Plan. Hier wurden ebenfalls Themenkarten gezogen, zu denen die Prüflinge dann befragt wurden. Dabei ging es neben medizinischen Themen auch um einsatztaktische und rechtliche Fragen, die von unterschiedlichen Fachprüfern gestellt wurden. Danach wurde dann beraten, ob die Teams die erforderlichen Ziele erreicht hatten, oder nicht.
Leider waren auch einige Kollegen dabei, die am Ende keine Urkunde erhalten haben. Dazu sei erwähnt, dass die Ausbildung und auch die Prüfung sehr, sehr anspruchsvoll waren. Die erforderlichen Lernvorbereitungen haben sicher ein Privatleben zu Hause nahezu ausgeschlossen. Das war wohl für die Junggesellen noch „relativ einfach“ zu bewältigen. Man darf aber unter keinen Umständen vergessen, dass es auch Familienväter- und Mütter gab, die zu Hause auch noch eine Reihe anderer Verpflichtungen hatten, als sich komplett den Lernunterlagen zu verschreiben. Außerdem waren Kollegen am Start, die schon seit Jahrzehnten nicht mehr die Schulbank gedrückt haben. Es ist hier bereits denen sehr schwer gefallen, die erst vor weniger als 10 Jahren aus der Ausbildung gekommen sind. Kaum vorstellbar, welche Last auf den Schultern der Kollegen drückte, die noch länger keine Schulbank mehr gedrückt haben. Darunter waren außerdem Kollegen, die von der Ausbildung her eine Rettungssanitäterausbildung absolviert hatten und dann im Prinzip (ohne das abwertend zu meinen) durch Hand auflegen Rettungsassistenten geworden sind. Man vermag sich nicht vorzustellen, wie viele Lerninhalte es für diese Kollegen innerhalb kürzester Zeit in ganz komprimierter Form nachzuholen galt. Deshalb muss man hier einmal ganz deutlich erwähnen – und das ist mir ein persönliches Anliegen – dass es keine Schande ist, diese Prüfung nicht bestanden zu haben. Vielmehr gilt ausnahmslos allen, die sich dieser Anforderung gestellt haben und noch stellen werden, allerhöchster Respekt. Letztlich muss man auch zu der Erkenntnis kommen, dass medizinisches Topwissen allein nicht alles ist, um einen Patienten retten zu können. Denn was nützt es frisch ausgebildeten Notfallsanitätern auf der Straße, wenn sie gewisse Situationen nicht „handeln“ können, weil ihnen dazu schlichtweg die oft jahrzehntelange Einsatzerfahrung und auch sicher das eine oder andere Mal Lebenserfahrung fehlt? Da sind die „alten Hasen“ von vor 20 oder 30 Jahren einfach unverzichtbar.
Deshalb darf der Notfallsanitäter trotz sicherlich beachtlicher Leistungen nicht überbewertet werden. Auch, wenn er medizinisch die Verantwortung hat, solange kein Notarzt mit vor Ort ist, ist ein Teampartner mit jahrelanger Einsatz- und Lebenserfahrung ein unbezahlbarer Garant für das Gelingen eines Einsatzes.